1899 – Mit Bogenlampen ins neue Jahrhundert
1914 – Die ersten Glühlampenarmaturen
1918 – Lichttechnische Erläuterungen
1928 – Entwürfe von Bauhauskünstlern
1939 – Weltkrieg und Niedergang von K&M
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Die als „elektrotechnische Fabrik von Körting und Mathiesen mit Spezialität auf Armaturen für elektrische Beleuchtung“ bezeichnete Firma gründete sich im Oktober 1889 in Leipzig.
Als Max Körting ( 1862- 1948) und Wilhelm Mathiesen (1859-1936) sich in der Inselstrasse die ersten Werkstatträume anmieteten , war ihre Idee eine neuartige Bogenlampe zu entwickeln und zu verkaufen.
Angeregt von einer Bogenlampenkonstruktion der Leipziger Firma Schumann & Köppe wollten K & M an diesem Thema weiterarbeiten.
Obwohl es 1889 in der damals viertgrößten Stadt Deutschlands noch keine öffentliche Stromversorgung bzw. kein Stadtwerk gab und der Bedarf an Beleuchtung sich auf 65 Stück Betriebsstätten mit Eigenstromanlagen beschränkte, waren die Wachstumsraten der Beleuchtungsindustrie mit ca. 20 % jährlich * durchaus beträchtlich.
Das Anwendungsgebiet der Bogenlampe erstreckte sich in dieser Zeit auf die Beleuchtung von Straßen , Plätzen, Fabriken/ Werkhallen und Bahnhöfen. Aufgrund der hohen Lichtausbeute und der besseren Wirtschaftlichkeit war sie der Edison-Kohlefaden Glühbirne und der Gaslaterne weit überlegen.
Die erste von K &M entwickelte Leuchte erhielt die Bezeichnung: Modell A / Gleichstrom Nebelschluss Bogenlampe mit übereinanderstehenden Reinkohlen, feststehendem Lichtpunkt sowie für Parallel und Reihenschaltung geeignet.
Davon wurden die ersten 12 Exemplare bereits Ende 1889 verkauft. 1890 stieg die Stückzahl verkaufter Bogenlampen (Modell A und B ) auf 600 . 1894 waren bereits 10.000 verkauft.
So waren der Umzug der Firma in die Blumengasse und schließlich 1893 in das neue Gebäude nach Leutzsch ( ab 1922 Leipzig - Leutzsch) folgerichtig und machten eine weitere Expansion des Unternehmens möglich.
1899 – Mit Bogenlampen ins neue Jahrhundert
In der 1899 von Wilhelm Mathiesen herausgegebenen Werbeschrift „ Das Bogenlicht und seine Anwendung“ unterteilte man die Bogenlampen und deren Anwendungsbereiche in direkte , halbindirekte und ganzindirekte Lichtverteilung. So wurden bereits 1895 erste große K&M- Bogenlampenanlagen mit indirekter Beleuchtung installiert , u.a. die Hörsäle der Universität Leipzig, Webmaschinensaal der Leipziger Spitzenfabrik Barth und Co, Druckereisaal der Fa. Grimme und Hempel AG, Krempelsaal der Leipziger Baumwollspinnerei / Lindenau (1897)...
In der Broschüre „Bogenlampen für zerstreutes Licht“ von 1896 wird erstmals eine K&M –Bogenlampenneukonstruktion für indirektes Licht schriftlich behandelt**.
Weitere Innovationen waren unter vielen anderen eine Dreischalt-Bogenlampe (1898), die Dauerbrandbogenlampe (1898), die Differential-Bogenlampe(1898), die Nebelschluss-Bogenlampe, die Excello-Bogenlampe (1902), die Kohinoor- Bogenlampe(1906), die Megacello-Bogenlampe(1914), die Dia Carbone- Bogenlampe(1925), der Beck Scheinwerfer(1912) und viele mehr.
1914 – Die ersten Glühlampenarmaturen
Der Markenname „KANDEM“ wird 1914 als eingetragene Schutzmarke angenommen und zeitgleich die vorher verwendete „K&M“ Schutzmarke im Zahnrad mit jener ersetzt.
Zu diesem Zeitpunkt ist der Betrieb bereits zu einem international agierendem Konzern gewachsen, der zahlreiche Auslandsvertretungen u.a. in New York...besitzt.
Ca um 1910 beginnt die Metallfadenglühbirne zumindest im Niederwatt - Bereich die Bogenlampe allmählich zu verdrängen und somit dem Bogenlampengeschäft eine rückläufige Tendenz zu verleihen. Versuche mit Patenten der Wiener Westinghouse Gesellschaft einen eigenen Glühlampenvertrieb und Herstellung aufzubauen scheiterten .
1914 wurde die Herstellung von „Kandem“ Glühlampenarmaturen / Leuchten für hochkerzige Glühlampen aufgenommen.
Als erste K&M Leuchte für Glühlampen wird eine Armatur für Halbwattlampen (o. Bez.)., später unter der Bezeichnung „Kandem“ Armatur Nr. 513 angeboten . Sie war für die Außenbeleuchtung von Strassen, Plätzen, Bahnhöfen usw. konzipiert. Die äußere Form des Metallkorpuss erinnerte noch sehr an die der Bogenlampe und war sicher in ihrer Bauhöhe bzw. Größe aufgrund der doch eher platzsparenden Edisonfassung unverhältnismäßig groß.
Die auch als „Urlampe“ bezeichnete „Kandem“ Armatur Nr. 501 aus dem Jahre 1916 ( Foto 3) wirkt dagegen sinnvoller in Ihrer Gesamtproportion. Vergleichbar im Gesamteindruck und Formensprache ist hier ein Leuchtkörper -entwurf von Peter Behrens aus dem JAHRE 1913 (Foto 4) zu erwähnen , der jedoch im direkten Vergleich zur Kandem Armatur leicht verspielt wirkt.
1918 – Lichttechnische Erläuterungen
Weil es K&M aber nicht nur um die äußere Form der Leuchten wichtig war ,sondern auch der lichttechnisch richtig, solide und praktische Ansatz von Bedeutung schien, wurde unter der technischen Leitung von Ingenieur Paul Heyck an der Erprobung von verschiedenen Beleuchtungsarten geforscht.
1918 erklärt Heyck in der Broschüre “Ratschläge für die Projektierung von Lichtanlagen“ sieben verschiedene Lichtausstrahlungsarten für unterschiedliche Verwendungszwecke.
Diese Unterteilung wurde später durch Kandem Ingenieure noch verfeinert und ist im groben heute noch zutreffend bzw. anzuwenden.
Die praktische Entwicklung und Herstellung der Halbwattarmaturen wird jedoch durch den Ausbruch des ersten Weltkrieges verzögert und erst 1919 stellt K&M eine größere Preisliste vor, in der mehrere Leuchten für jede der von Heyck geschaffenen Beleuchtungsarten angeboten werden.
1924 veröffentlicht er das Betriebstaschenbuch „Beleuchtung“ , in dem er von der reinen Zweckmäßigkeit auch die künstlerischen Anforderungen an Innenraumbeleuchtung betont.
Paul Heyck war auch derjenige, welcher das Unternehmen drängte Architekten für die ästhetische Gestaltung von lichttechnisch richtigen Leuchtkörpern zu gewinnen*. Der wachsende Bedarf von Lampen in gewerblichen, öffentlichen und privatem Raum ließ dies als unumgänglich erscheinen . Die A.E.G. hatte bereits von 1907 bis 1914 mit dem angesehenen Industriedesigner Peter Behrens zusammengearbeitet, der neben vielen anderen Gebrauchsgütern auch Bogen- und Glühlampenarmaturen entworfen hatte.
1928 – Entwürfe von Bauhauskünstlern
Wer den ausschlaggebenden Anstoß für die von 1928 bis 1933 andauernde Kooperationsarbeit zwischen dem Bauhaus Dessau und K&M gab ist nicht bekannt.
Der erste Beratungsvertrag über die künstlerische Formgestaltung von Leuchten wird im Februar 1928 von Professor Moholy-Nagy, Leiter der Metallwerkstatt am Bauhaus, Marianne Brandt sowie Vertretern von K&M ,evt. auch von Dipl. Ing. Gustav Laue (technischer Direktor und Nachfolger von Heyck) verhandelt.
Die Zusammenarbeit war für beide Seiten sehr fruchtbar und produktiv. In diesen insgesamt 5 Jahren entstanden mindestens 25 Leuchtenmodelle ,wobei einige als formale Straffungen bereits existierender Formen, andere als komplette Neuerfindungen anzusehen sind.
Als herausragend sei hier u.v.a. nur das Modell Nr.656 und Modell Nr.679 von Marianne Brandt und Hin Bredendieck sowie das Modell 937 von Heinrich Siegfried Bormann zu nennen .
Den Bauhäuslern wurden für Ihre Arbeit feste Honorargelder sowie Lizenzgebühren auf verkaufte Exemplare von K&M gezahlt , wohingegen die neuen Leuchtenformen gesetzlich geschütztes Eigentum der Firma Kandem bleiben sollten.
In den bislang bekannten Publikationen von K&M werden keine Namen beteiligter Bauhaus Künstler benannt, so dass eine eindeutige Entwurfszuordnung aus Mangel an Quellen nicht bei allen ab 1928 von Kandem vertriebenen Leuchten eindeutig zu bestimmen ist.
Eine sehr umfassende Annäherung an die Zusammenarbeit von Bauhaus und der Firma Kandem zeigte die Ausstellung im Leipziger Grassi - Museum für Kunsthandwerk 2002/2003 mit authentischen Leuchten . Der parallel dazu erschienene Ausstellungskatalog *** faßt diese Kooperation gründlich und fundiert zusammen und soll hier nicht wiederholt werden.
Viele vom Bauhaus entworfenen Modelle wurden bis mindestens 1939 , teilweise auch in leicht modifizierter Form , von "Kandem" hergestellt und vertrieben.
1939 – Weltkrieg und Niedergang von K&M
Die Großscheinwerferproduktion wird während des 2.Weltkrieges eine tragende Rolle im Werk einnehmen . 82% des Umsatzes werden mit Rüstungsgütern erzielt. Wohnraumleuchten werden nur noch eingeschränkt und diese auch vermehrt aus Ersatzrohstoffen und Kunststoffen hergestellt.
Mindestens 800 Zwangsarbeiter-innen ,vorwiegend Frauen arbeiten ab spätestens 1941 bis zum Zeitpunkt der Befreiung durch amerikanische Truppen im April 1945 im Werk.
Nach kurzer Wiederinbetriebnahme der Leuchtenproduktion wird schließlich Ende 1945 die Werksausrüstung demontiert und geht als Reparationsleistung an die Sowjetunion.
1948 erfolgt schließlich die Firmenenteignung von K&M .
Danach werden auf dem Leutzscher Betriebsgelände größtenteils aus vorhandenen Materialien Leuchten unter dem Namen „Lelifa“ hergestellt. 1951 findet die Umbildung bzw. Neugründung des Staatlichen Betriebes „VEB Leuchtenbau Leipzig“ kurz „LBL“ statt.
1950 gründet Fritz Körting die „Kandem - Apparate und Leuchtenbau GmbH“ in Limburg an der Lahn (damals amerikanische Besatzungszone, später BRD) . Seit 2001 gehört die "Kandem Leuchten GmbH" zur Dr. Fischer - Gruppe.
In Leipzig steht der "Veb Leuchtenbau Leipzig" ab 1990 unter Aufsicht der Treuhand bis sich am 1.10.1993 die Firma "LEIPZIGER LEUCHTEN GmbH" mit Sitz in der Riesaer Straße gründet. Diese bezieht 1996 ihr neues Firmengelände in die Heiterblickstraße 37.
Literaturnachweise:
* Ulrich Krüger / „Der Leipziger Unternehmer Max Körting und sein Werk“ / Sax Verlag 2007
** Kandem Jubiläumsschrift 1939
*** J.A.Binroth „Bauhausleuchten? Kandemlicht!“ Arnoldsche - Stuttgart 2002
Abbildungen: